Jetzt: Weihbischof Dr. Dominikus Schwaderlapp - Was wir glauben - der Katechismus erklärt. Teil 65
Weihbischof Dr. Dominikus Schwaderlapp - Was wir glauben - der Katechismus erklärt. Teil 65

Der Islam und das Christentum haben einiges gemeinsam. Gerade in den Glaubensinhalten, die sie verbinden, unterscheiden sie sich aber auch in wichtigen Punkten. Sind Sie Muslim und interessieren sich, was Christen bzw. besonders Katholiken zu Ihren Fragen zu sagen haben? Oder sind Sie Christ und möchten besser auf Glaubensgespräche mit Muslimen vorbereitet sein?

Dann haben wir das Richtige für Sie: Die Top 5 Fragen von Muslimen an Christen - und unsere Antworten darauf! 

Natürlich gibt es noch viel mehr Fragen, die Muslime an Christen haben. Deutlich ausführlicher als unsere Liste ist die Webseite "Muslime fragen, Christen antworten", betrieben von zwei katholischen Priestern, die islamische Theologie studiert und sich lange mit dem Glauben der Muslime beschäftigt haben. 

Christen sind Monotheisten, das heißt, sie glauben an EINEN Gott. Der Gott des Alten Testaments der Bibel, der Gott, an den Juden glauben sowie die Propheten, YAHWEH - das ist der eine Gott, an den Christen glauben. Auch die Jünger Jesu glaubten an diesen Gott. In Jesus, dem Messias, hat sich Gott als der "Drei-Eine" offenbart. Was heißt das?

Jesus hat über sich selbst gesagt: "Ich und der Vater sind eins" (Johannes 10,30). Der Vater - das ist Gott! Die Juden, denen er das verkündete, verstanden es genau so: Jesus sagt, er sei Gott. Deswegen wollten sie ihn steinigen. Später verlangten sie seine Kreuzigung. Bemerken wir aber, dass Jesus nicht sagt: Ich bin genauso mächtig wie der Vater, oder ähnliches. Er sagt: Wir sind EINS. Wir glauben also nicht, Jesus sei ein Gott und der Vater sei ein zweiter Gott.

Seine Jünger, die als Juden ja auch nur an EINEN Gott geglaubt haben, sahen darin auch keinen Widerspruch. Der Heilige Geist, oder auch Geist Gottes, scheint eine weitere Person zu sein, die zu dem einen Gott gehört. Z. B. im ersten Buch der Bibel, Genesis (منشأ), wird die Schöpfung der Welt beschrieben. Dort heißt es: "Im Anfang erschuf Gott Himmel und Erde. Die Erde war wüst und wirr und Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über dem Wasser" (Genesis, 1,1-2). Nicht Gott der Vater war über dem Wasser, sondern sein Geist. Als Christen glauben wir, dass dieser Geist Gottes auch heute in der Welt wirkt und wie Jesus EINS ist mit dem Vater.

Der Glaube an den drei-einen Gott hebt den Glauben an die Einheit Gottes nicht auf, sondern vertieft und differenziert ihn. Die Lehre der christlichen Kirche stellt eine Interpretation und Weiterentwicklung der Lehren des Alten Testamentes dar, im Lichte des Ereignisses des Lebens Jesu (seiner Taten und Worte, seines Leidens, Todes und seiner Auferstehung) sowie im Lichte der Lehre Jesu, so wie die Apostel und die frühe christliche Gemeinde diese in der Kraft des Heiligen Geistes verstanden haben.

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Wie das Wort "Christ" schon ausdrückt, ist für uns Jesus Christus die zentrale Figur unseres Glaubens. Denn wir glauben, dass Jesus Gott ist - so, wie schon die alten Prophezeiungen es über den Messias gesagt haben. Muslime ehren auch Jesus, auf arabisch ʿĪsā (عيسى), sowie seine Mutter Maria, oder Maryam (مريم).

Mohammed ist der größte und letzte Prophet des Islam. Jesus ist für Muslime auch ein großer Prophet - aber eben nicht Gott, und Mohammed steht noch über ihm. Im Koran steht dazu: "Ungläubig sind, die sagen: 'Siehe, Gott ist Christus, Marias Sohn‘. (…) Christus, Marias Sohn, ist nichts als ein Gesandter, vor dem andere Gesandte dahingegangen sind." (Koran, Sure 5, Vers 72.75). Im Koran lehnt Mohammed selbst also genau das ab, was uns als Christen ausmacht und schon ausgemacht hat, bevor der Prophet des Islam auf die Welt gekommen ist.

Deswegen können Christen Mohammed nicht als Propheten annehmen, weil er Christus als den Messias und Gott selbst ablehnt.

Natürlich gibt es noch viele weitere Gründe, warum Christen und Muslime eine unterschiedliche Sicht auf Jesus und Mohammed haben.

Adam (آدم), den auch der Koran als Propheten anerkennt, hat durch seine Sünde die ganze Menschheit von Gott entfernt. Mit seiner Sünde begann eine unheilvolle Geschichte, die jeden Menschen im Innersten betrifft. Adam hat ohne Anlass gesündigt. Wir glauben, dass Jesus das Gegenteil getan hat: Jesus war ganz und gar unschuldig, ertrug trotzdem die Folgen von Sünden (Leid, Tod...) und vergab sogar denen, die ihn töteten (Lukas 23,34). Er hat uns damit wieder mit Gott versöhnt und der Menschheit den Weg eröffnet, um mit der Sünde und ihren Folgen umzugehen. Wir sagen: Jesus hat uns durch seinen Tod erlöst.

Dass das wirklich notwendig war und der Messias dies für uns tun musste, schrieb schon der alte Prophet Jesaja (إشعياء) vor ca. 2800 Jahren: 

"Er hat unsere Krankheiten getragen / Und unsere Schmerzen auf sich geladen… / Er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünden zermalmt. / Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm, / durch seine Wunden sind wir geheilt… / Denn er trug die Sünden von vielen / Und trat für die Schuldigen ein" (Jesaja 53,4-5.12).

Und auch Jesus selbst sagt: "Denn auch der Menschensohn (= Messias) ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele" (Markus 10,45)

Muslimische Perspektive:

Für Muslime ist der Koran fundamental wichtig, denn für sie ist er direktes Wort Gottes. Es wurde dem Propheten offenbart. Der Prophet ist nicht weniger, aber auch nicht mehr als der Überbringer dieses Wortes. Der Text ist einmalig und unveränderlich, ohne jede menschliche Einwirkung entstanden. Deswegen sagen viele Muslime auch, der Koran sei völlig unverändert erhalten und eigentlich allein in der arabischen Sprache zu verstehen.

Der Koran ist Kriterium (furqân) der Wahrheit. Jede andere Heilige Schrift muss sich daran messen lassen. Also auch die Bibel: Die Bibel, einschließlich der Evangelien, kann nur dann als Wort Gottes betrachtet werden, wenn sie mit dem Koran übereinstimmt. Deswegen behaupten Muslime, die Bibel sei verändert, verfälscht oder zumindest falsch verstanden worden (denn Koran und Bibel widersprechen sich in vielen Punkten). Sie stimme nicht mehr mit dem ursprünglich gegebenen Text überein. Meistens interessieren sich Muslime daher nicht für die Bibel, weil der Koran alleine genügt. 

Christliche Perspektive:

Für die Christen ist das "Wort Gottes" nicht an erster Stelle das geschriebene Wort der Schrift, sondern das Ereignis, das die Schrift bezeugt, d. h. Gottes Selbstmitteilung in menschlicher Geschichte. Nicht falsch verstehen: Die Bibel ist für Christen sehr, sehr wichtig. Aber wir glauben nicht, dass Gott den Propheten und Schreibern direkt jedes Wort diktiert hat, sondern dass er in der Welt wirkt und Menschen mit seinem Geist inspiriert hat, davon zu schreiben. Dabei haben die Autoren der biblischen Bücher verschiedene Genres gewählt - es gibt Lieder, Gebete, historische Berichte, Glaubenszeugnisse und mehr. Auch wird oft deutlich, dass die Autoren einen bestimmten Aspekt hervorheben wollten. So kommen z. B. in den vier Evangelien teils unterschiedliche Szenen vor und von gleichen Ereignisse wird in unterschiedlicher Weise, aus verschiedenen Perspektiven, und an verschiedene Leser gewandt berichtet. Aber immer geht es darum, die Großtaten Jesu darzustellen und seine Worte wiederzugeben.

Die Bibel ist also mehr Bibliothek als Buch. Die Bücher der Bibel sind von der frühen Kirche sehr genau geprüft worden. Nur solche sind in der Bibel enthalten, die von der ganzen frühen Kirche als heilig und von Gott geoffenbart anerkannt wurden und die daher eindeutig von Gott kommen. Auch uralte Dokumente, wie die Schriftrollen vom Toten Meer, bezeugen, dass die biblischen Texte bis heute authentisch erhalten sind. Nach dem Glauben der Kirche zeigt diese Heilige Schrift, die Bibel, in ihrer Ganzheit Gottes Wirken und Mitteilung auf. Als Glaubende begegnen wir in der Bibel dem Wort Gottes, das wir für heilig und in seiner Botschaft unfehlbar halten.

Das Evangelium, der Kern der christlichen Botschaft, ist zunächst nicht ein Buch. Das griechische Wort 'euangelion' bedeutet die "gute Nachricht (des Heils)" (al-bushrà). Sie besteht in der Botschaft von Gottes Liebe, die Jesus als der Sohn Gottes mitteilt: Wir nennen ja Jesus selbst Wort Gottes - wie auch der Koran (kalimat Allâh, Sure 4,171; vgl. 3,39–45). Diese Botschaft wurde von Jesus durch seine Worte und Taten verkündet und dann mündlich von seinen Jüngern übermittelt, die mit ihm lebten und Zeugen seines Lebens, Leidens, Sterbens und seiner Auferstehung wurden. Diese Botschaft ist im Neuen Testament enthalten und wir können sie unter anderem dadurch erfahren. Gerade die Autoren der Evanglien, in denen es um Jesus geht, gehen von dem aus, was sie selbst erlebt haben: Dass Jesus Christus gestorben und auferstanden ist. Nur aus diesem Glauben heraus kann man die Botschaft der Bibel richtig verstehen.

Muslime nennen Christen oft respektvoll nach dem Koran "Leute des Buches", Ahl al-kitāb (أهل الكتاب). Für uns Christen ist aber nicht das Buch an sich entscheidend, sondern der, dem wir darin begegnen: Jesus, der Messias, das Wort Gottes - und damit Gott selbst.

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Als Christen glauben wir, den einzig wahren Glauben zu vertreten, als Katholiken, der einen Kirche Gottes zu folgen. Andererseits heißt das nicht, dass wir jeden anderen Glauben - wie den jüdischen oder den muslimischen - für total falsch und wertlos halten. Muslime glauben mit uns z. B. dass es einen Gott, den Schöpfer und Richter des Universums gibt, dass Mord, Lüge und Diebstahl falsch sind, dass die Familie wichtig ist und man Vater und Mutter ehren muss - und vieles mehr. Das ist gut und richtig.

Warum soll also jemand Christ werden? Weil Christ sein heißt, Jesus Christus, dem Weg, der Wahrheit und dem Leben (vgl. Johannes 14,6) persönlich zu begegnen, und weil nur dieser Glaube dem ehrlich suchenden Menschen wirklich geben kann, wonach er im Leben letztlich sucht.

Was bringt es dem Menschen, wenn er Christ wird? Es "bringt" dem Menschen, Jesus Christus, Gott selbst persönlich kennenzulernen, ihm nachzufolgen und in der Gemeinde der an ihn Glaubenden, der Kirche, schon hier und jetzt teilzunehmen an der Freude und Erfüllung, die nur der wahre Gott dauerhaft schenken kann. Wir glauben, dass Jesus nicht ein Prophet unter vielen ist, wie Ibrāhīm (إبراهيم), Yaʿqūb (يعقوب ), Sulaimān (سليمان) oder Yaḥya (يحيى ). Wir glauben, dass Jesus, oder ʿĪsā ibn Maryam (عيسى بن مريم), der lange prophezeite Messias, der Christus ist. Jesus ist Gott und Mensch. Wir sind eingeladen, ihn hier und jetzt persönlich kennenzulernen - das ist das zentrale Versprechen des Christentums, das unzählige Menschen wirklich erlebt haben. Dazu müssen wir Jesus und seiner Lehre folgen.

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Zum Thema Islam und Christentum haben wir viele Sendungen im Radio übertragen. Hier eine Auswahl spannender Beiträge:

Unsere Sendungen: Der Islam und das Christentum

Wie können Christen im Gespräch mit Muslimen ihren Glauben verständlich erklären und authentisch bezeugen, ohne einerseits ihre muslimischen Gesprächspartner zu überfordern oder andererseits wesentliche Inhalte des christlichen Glaubens zu verschweigen? Der Frankfurter Jesuit und Juniorprofessor Tobias Specker ermuntert uns in dieser Sendung ausdrücklich, im Alltag den christlichen Glauben gegenüber Muslimen offen und ehrlich zu bekennen. Es besteht kein Grund, ausgerechnet hier sein Christsein abzulegen. An konkreten muslimischen Fragen, auf die Christen antworten müssen, erörtert er dies in dieser Sendung.

Der Frankfurter Jesuit und international renommierte Islamwissenschaftler Christian Troll spricht über weitere, konkrete Fragen von Muslimen an Christen. Er gibt einerseits Antworten und andererseits Tipps, wie fruchtbare Gespräche zwischen Gläubigen beider Religionen entstehen können.

Fatima* kam mit zwei Jahren nach Deutschland. Zerrissen zwischen ihrer Heimat Marokko und der neuen Kultur startet sie ihre persönliche Suche nach Gott. Gegen den Willen ihrer Familie distanziert sie sich von ihrer Herkunftsreligion und lernt die unterschiedlichsten Glaubens- und Lebensvorstellungen kennen. In Yoga-Traditionen und esoterischem Neu-Heidentum findet Fatima ihre Erfüllung jedoch nicht. Ihre Suche endet erst in der Bibel: Eine tiefe Liebe zum Christentum beginnt.

*Name geändert

Dr. Norbert Neuhaus begleitet ehrenamtlich als Begleiter und Katechet Konvertiten mit muslimischer Herkunft auf dem Weg zur Taufe. Von seinen bewegenden Erfahrungen in diesem Ehrenamt erzählt er in dieser Sendung. Gleichzeitig ermutigt er uns alle, mehr Mut zum Zeugnis für den christlichen Glauben aufzubringen. Verkündigung und Katechese sind keine "Privilegien" von Theologie und Klerus, sondern resultieren aus der Taufgnade aller Christen. Im zweiten Teil der Sendung hören Sie Andreas Sauter von der Initiative "Elijah21". Sie lädt Muslime zu Jesusfilmabenden ein, um sie mit der Liebe Gottes, die sich in Jesus zeigt, bekannt zu machen.

"Muslime fragen, Christen antworten" 
Ausführliche Antworten auf viele Fragen von Muslimen gibt es auf dieser Webseite. Sie wird betrieben von zwei katholischen Priestern, die islamische Theologie studiert und sich lange mit dem Glauben der Muslime beschäftigt haben.