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Religionsfreiheit weltweit - keine gute Bilanz

Obwohl sich die meisten Staaten der Welt angeblich der Religionsfreiheit verschrieben haben, sieht es in der Realität oft ganz anders aus. Eine umfangreiche Studie von Kirche in Not, "Religionsfreiheit weltweit 2023" [1], hat die Situation in fast allen Ländern der Welt untersucht. Und die Bilanz ist nicht gut. Alle nachfolgenden Angaben sind der genannten Studie entnommen.

  • In fast einem Drittel der Länder der Erde (61/196) sind Verstöße gegen die Religionsfreiheit an der Tagesordnung - das betrifft fast zwei Drittel der Weltbevölkerung, rund 4,9 Mrd. Menschen.
     
  • Gegenüber der Studie von 2021 hat sich die Situation in puncto Religionsfreiheit in 47 Ländern verschlechtert. Nur in neun Ländern hat sich die Lage verbessert.
  • Die Studie führt 28 Länder in derKategorie "Rot", die auf Verfolgung hinweist. Das betrifft mit 4,03 Mrd. Menschen mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung. Vor allem in den 13 afrikanischen Staaten in dieser Kategorie hat sich die Situation erheblich verschlechtert.
  • Weitere 33 Länder fallen in dieKategorie "Orange", die Diskriminierung kennzeichnet. 853 Mio. Menschen leben in diesen Ländern. Seit der Studie 2021 haben sich die Bedingungen der Religionsfreiheit in 13 dieser Länder verschlechtert.
  • Einige weitere Länder werden als "unter Beobachtung" bezeichnet; hier sind bestimmte neue Faktoren beobachtet worden, die einen grundlegenden Zusammenbruch der Religionsfreiheit verursachen könnten.
  • In jedem Land in diesen drei Kategorien tritt Hasskriminalität auf, d. h. Angriffe auf religiöse Menschen bzw. religiöses Eigentum wegen der Religion. Auch in Ländern, die nicht in den ersten drei Kategorien erfasst sind, herrschen oft keine idealen Bedingungen im Hinblick auf das Grundrecht der Religionsfreiheit.
  • Im Berichtszeitraum der aktuellen Studie fanden massivere und gezieltere Verfolgungen als in der Vergangenheit statt; dabei blieben die Täter immer häufiger straffrei.

10 Hauptergebnisse der Studie

Dabei werden alle Menschenrechte, einschließlich der Religionsfreiheit, immer häufiger verletzt. Das Zusammenspiel aus terroristischen Anschlägen, der Zerstörung des religiösen Erbes und von religiösen Symbolen (wie in der Türkei und in Syrien), Wahlsystemmanipulationen (zum Beispiel in Nigeria und im Irak), Massenüberwachungen (wie in China), immer weiter verbreiteten Anti-Konversionsgesetzen und Finanzbeschränkungen (unter anderem in Südostasien und im Nahen Osten) führt dazu, dass alle Religionsgemeinschaften stärker unterdrückt werden.

In der Vergangenheit waren zumeist Angehörige von religiösen Minderheiten Opfer von Verfolgungen. Mittlerweile sind auch häufiger religiöse Mehrheiten von Verfolgung betroffen (beispielsweise in Nigeria und Nicaragua).

Im Berichtszeitraum haben transnationale dschihadistische Netzwerke in Afrika zunehmend ihre Taktik geändert. Die Strategie, bestimmte Gebiete zu erobern und zu verteidigen, wird dabei nach und nach durch Überraschungsangriffe auf schlecht verteidigte Gebiete (die wie in der Demokratischen Republik Kongo möglichst reich an Bodenschätzen sind) abgelöst. Dadurch sollen isolierte Gemeinschaften (zum Beispiel in Mosambik) geschaffen werden. Die bislang verübten tödlichen Anschläge und Plünderungen weichen zunehmend einem System aus rechtswidrigen Steuern und Handelstätigkeiten, woraus sich ein "Staat im Staat" entwickelt. Die unsichere Lage und fehlende staatliche Kontrollen führen teilweise zu Aufständen und Militärputschen (zum Beispiel in Mali und in Burkina Faso).

Die unerbittliche Verfolgung der Uiguren in China hält an, aber auch in Indien und Myanmar sind Muslime Opfer von Diskriminierung und Verfolgung. Ferner werden häufiger Fälle von Verfolgung innerhalb der muslimischen Gemeinschaft verzeichnet. Konflikte gibt es dabei zwischen Sunniten und Schiiten (wie bei der Verfolgung der Hazara in Afghanistan), zwischen den Verfechtern einer nationalen und einer "fremden" Glaubensauslegung und zwischen Anhängern der vorherrschenden und sogenannten "abweichenden" Richtungen des Islam (wie bei den Ahmadiyya in Pakistan).

Entführungen und Menschenhandel werden durch eine größere Armut und mehr bewaffnete Konflikte befeuert. In vielen Ländern (besonders in Westafrika und Pakistan) sind vor allem Frauen und Mädchen, die einer religiösen Minderheit angehören, Opfer dieser Gewalthandlungen.

Meist ohne Widerstand werden strittige Gesetze (zum Beispiel Anti-Konversionsgesetze), die die Religionsfreiheit beschränken oder bestimmte Religionsgemeinschaften diskriminieren, von staatlicher Seite angewandt. Gleichzeitig werden gewalttätige Angriffe auf Anhänger der "falschen" Religion zur Normalität und bleiben in den meisten Fällen ohne strafrechtliche Konsequenzen (wie in Lateinamerika). Diese Entwicklung wird auch in westlichen Ländern beobachtet, doch herrschen dort bessere rechtliche Rahmenbedingungen.

Die Tatsache, dass die internationale Gemeinschaft auf Gewalttaten von "strategisch wichtigen" autokratischen Regimen (wie in China und Indien) zunehmend verhalten reagiert, deutet darauf hin, dass sich eine Kultur der Straffreiheit entwickelt. Wichtige Länder (wie Nigeria und Pakistan) entgehen nach Verstößen gegen die Religionsfreiheit internationalen Sanktionen und anderen Strafen.

Auf der einen Seite haben islamistische Terrororganisationen und kriminelle Netzwerke (wie in Afrika) mehr Zulauf durch eine entrechtete, verarmte und frustrierte Jugend. Auf der anderen Seite geht aus aktuellen Erhebungen hervor, dass sich immer mehr Muslime, insbesondere im Iran, als nicht religiös definieren

Bei den antisemitischen Hassverbrechen in den OSZE-Ländern wird ein Anstieg von 582 Fällen im Jahr 2019 auf 1367 Fälle im Jahr 2021 festgestellt.

Einige Glaubensgemeinschaften versuchen, ihren politischen, religiösen und gesellschaftlichen Status dadurch zu erhalten, dass sie die Anzahl ihrer Mitglieder künstlich in die Höhe treiben. Dazu werden beispielsweise falsche Daten zur Religionszugehörigkeit bei der Registrierung von Neugeborenen erfasst oder Volkszählungen auf unbestimmte Zeit verschoben (wie im Libanon, in Indien und Malaysia).


Kirche in Not hat für die Studie eine enorme Recherchearbeit geleistet - und alle Ergebnisse ansprechend aufgemacht. Mit Infografiken, einer interaktiven Karte und Texten können Sie auf religionsfreiheit-weltweit.de detaillierte Fakten, Analysen und Einschätzungen zur Religionsfreiheit weltweit sowie zu fast jedem einzelnen Land abrufen.

Religionsfreiheit - was heißt das genau?

Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht, also ein Recht, das jedem Menschen zusteht - einfach, weil er ein Mensch ist. Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschrechte von 1948 betont: "Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion oder seine Weltanschauung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder seine Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen." [2]

Fast alle Staaten weltweit haben sich verpflichtet, die Menschenrechte und damit die Religionsfreiheit zu schützen. Im Deutschen Grundgesetz z. B. heißt es dazu in Artikel 4: "Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet." [3]

Was sagt die Kirche dazu?

Die Katholische Kirche setzt sich besonders für Menschenrechte auf der ganzen Welt ein. Es gehört gewissermaßen zu ihrer DNA : Denn aus dem christlichen Verständnis, dass jeder Mensch ein geliebtes Kind Gottes ist, sind die Menschenrechte erst begründbar. Auch wenn die Kirche den Anspruch vertritt, die eine, wahre Religion Jesu zu vertreten, setzt sie sich für Religionsfreiheit ein. Die freie Entscheidung des Menschen ist nämlich Voraussetzung für echten Glauben.

In der Erklärung des II. Vatikanischen Konzils Dignitatis Humanae(Die menschliche Würde) heißt es: "Das Vatikanische Konzil erklärt, dass die menschliche Person das Recht auf religiöse Freiheit hat. Diese Freiheit besteht darin, dass alle Menschen frei sein müssen von jedem Zwang ... in religiösen Dingen ... gegen sein Gewissen zu handeln, noch daran gehindert wird, privat und öffentlich, als einzelner oder in Verbindung mit anderen - innerhalb der gebührenden Grenzen - nach seinem Gewissen zu handeln. Ferner erklärt das Konzil, das Recht auf religiöse Freiheit sei in Wahrheit auf die Würde der menschlichen Person selbst gegründet, so wie sie durch das geoffenbarte Wort Gottes und durch die Vernunft selbst erkannt wird." [4]

Die Instruktion Donum Veritatis der Kongregation für die Glaubenslehre sagt über den freien Glaubensakt: "[K]eine menschliche Autorität [besitzt] das Recht, hier durch Zwang oder Druck einzugreifen, denn diese Entscheidung überschreitet die Grenzen ihrer Zuständigkeit, und die Achtung vor dem Recht auf Religionsfreiheit bildet die Grundlage für die Achtung sämtlicher Menschenrechte." [5]

Quellen:

[1] Kirche in Not - Religionsfreiheit weltweit 2023 (Druckversion & Website): "Religious Freedom in the World 2023", Aid to the Church in Need International, Juli 2023. https://acninternational.org/religiousfreedomreport

[2] Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. https://www.menschenrechtserklaerung.de/

[3] Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. https://www.bundestag.de/gg

[4] Vatican.va: Dignitatis Humanae.
https://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_decl_19651207_dignitatis-humanae_ge.html

[5] Vatican.va: Donum veritatis. 
https://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_19900524_theologian-vocation_ge.html

Bilder (außer Titelbild): © Kirche in Not

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